»Ich bin herzkrank, darf ich da überhaupt eine Potenzpille nehmen?«
Diese und ähnliche Fragen stellen sich viele Männer. „Mann oh Mann“ sprach mit PD Dr. Magnus Baumhäkel, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie am Caritas Klinikum Saarbrücken.
Interview mit Vorstandsmitglied Priv.-Doz. Dr. Magnus Baumhäkel
Herr Dr. Baumhäkel, welche internistischen Erkrankungen können zu Problemen bei der Erektion führen?
Neben hormonellen Veränderungen und psychischen Faktoren spielen die bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren eine große Rolle. Vor allem bei Männern ab einem mittleren Alter sind Bluthochdruck, ein zu hoher Cholesterinspiegel, die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) sowie das Rauchen Hauptursache für Potenzstörungen, also eine erektile Dysfunktion.
Können Probleme mit der Potenz ein erstes Warnsignal sein für eine ernsthafte Erkrankung?
Durchaus. Insbesondere Bluthochdruck bleibt bei vielen Patienten lange Zeit unentdeckt oder wird nur unzureichend therapiert. Alle Männer mit einer erektilen Dysfunktion sollten sich daher von einem Internisten untersuchen lassen, um bislang nicht diagnostizierte Risikofaktoren zu erkennen und zu behandeln. Darüber hinaus wissen wir, dass die erektile Dysfunktion einem möglichen Herzinfarkt oder Schlaganfall um Jahre vorausgehen kann. Wir haben hier also die Möglichkeit, bei unseren Patienten frühzeitig Risiken zu erkennen und vorbeugend zu therapieren.
Blutdrucksenkende Medikamente oder Lipidsenker können zu einer erektilen Dysfunktion führen. Sollte dann das Medikament gewechselt werden? Oder bald zusätzlich ein PDE 5-Hemmer (z.B. Viagra) gegeben werden?
Auch wenn bei vielen Herz-Kreislaufmedikamenten die erektile Dysfunktion als mögliche Nebenwirkung genannt wird, ist das nicht gewiss. Es gibt nur wenige Medikamente, beispielsweise einige Diuretika (wassertreibende Mittel, die die Bildung und Ausscheidung von Harn fördern), bei denen es nachweislich zu einer Verschlechterung der erektilen Funktion kommen kann. Viele Herz-Kreislaufmedikamente, wie z.B. ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker oder Lipidsenker scheinen die erektile Funktion sogar eher zu verbessern. Dies gilt im Übrigen auch für die meisten Beta-Blocker, hier kann allerdings, auch aus psychologischen Gründen, ein Wechsel des Medikaments ratsam sein. Aber selbstverständlich sind die Patienten auf ihre Herz-Kreislaufmedikamente angewiesen, eine stabile medikamentöse Therapie sollte natürlich beibehalten werden. Darüber hinaus werden durch die Medikamente ja auch mögliche Ursachen der erektilen Dysfunktion, also die kardiovaskulären Risikofaktoren, behandelt.
Welchen Patienten raten Sie vor Einnahme eines PDE 5-Hemmers zu einer internistischen Untersuchung? Und welche Patienten sollten bei Einnahme eines PDE 5-Hemmers regelmäßig internistisch kontrolliert werden?
Wie bereits gesagt, sollte jeder Patient mit einer erektilen Dysfunktion internistisch untersucht werden, um mögliche kardiovaskuläre Risikofaktoren oder bereits vorhandene Endorganschäden entdecken und behandeln zu können. Ansonsten sollten Patienten mit einer bekannten Herzerkrankung, z.B. einer Herzinsuffizienz oder einer koronaren Herzerkrankung, ganz unabhängig von der Einnahme von Viagra und Co, regelmäßig internistisch/kardiologisch untersucht werden.
Wie gefährlich ist die Einnahme eines PDE 5-Hemmers für Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen?
Patienten mit erhöhtem kardialem Risiko, bei denen aber eine normale körperliche Belastbarkeit vorliegt, können in der Regel problemlos mit PDE-5-Hemmern behandelt werden. Grundsätzlich können auch Patienten mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen einen PDE-5-Hemmer einnehmen, wenn ein stabiler Krankheitsverlauf vorliegt. Patienten die kardial nicht stabil sind, z.B. Patienten mit einer schweren Herzinsuffizienz oder instabilen Angina pectoris-Symptomatik, müssen vor der Behandlung allerdings kardial stabilisiert werden. Grundsätzlich rate ich immer, bei Unsicherheiten einen Arzt um Hilfe zu bitten.